So nach der seichten Konsum- und Dekolaune im letzten Beitrag kommt jetzt ein bisschen Gehirnfasching. Naive Gedanken einer Unwissenden übers Kinder kriegen und zu demografischen, makroökonomischen Entwicklungen – passend zum heutigen 125 Jährigen Geburtstag des deutschen Rentensystems. (Weil ein Thema ja nicht reicht (haha) und es zwischen meinen Synapsen irgendwie gerattert hat ;-)
Ab einem gewissen Alter fängt Frau ganz von selbst an, sich Gedanken übers Kinderkriegen zu machen. Und wenn, wie in meinem Fall, die innere Hormonschublade aber dann sagt: „Denkste“, sich dezent zurück lehnt, sich ausschweigt, und nicht wirklich eine Übereinkunft oder zumindest kontroverse Diskussion mit meiner inneren biologischen Uhr eingehen will, die auch nicht so laut tickt, wie sie eigentlich sollte und wir (also die Hormonschublade, die biologische Uhr und ich) das Thema Kinderwunsch in stillschweigender Übereinkunft einfach mal wieder vertagen, werden die Stimmen der Außenwelt dazu aber immer lauter. Denn wenn schon meine Hormonschublade ziemlich lethargisch vor sich hindämmert, füllt sich die Schreibtischschublade ziemlich lebhaft mit Glückwunsch und Dankeskarten zu Geburten meines hormonell und Geburtentechnisch ziemlich aktiven Freundes- und Bekanntenkreises. Aber nicht nur das enge Umfeld drängt dazu, sich mit der Frage zu beschäftigen, es gibt ja dann doch auch noch weltpolitische und makroökonomische Zusammenhänge, die man ja direkt mit dem Kinderkriegen beeinflussen kann. Da hat die Hormonschublade ganz schön viel Macht oder?
Die demografische Entwicklung
Da wäre zum einen die liebe Demografie und das allseits bekannte Jammern, in Deutschland werden zu wenig Kinder geboren, die Rentenkassen seien deswegen so leer und wer möchte, dass es in Zukunft noch weiterhin sowas wie einen funktionierenden Sozialstaat gibt, sollte doch gefälligst zwei bis drei Kinder in die Welt setzen. In den gleichen Medien stehen dann immer auch wieder Schlagzeilen wie: „Weltbevölkerung explodiert“. Man brauche ja mindestens sowas wie Gentechnik um überhaupt die massenhaft anwachsenden Generationen der Zukunft ernähren zu können. Von Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch ganz zu schweigen. So und was jetzt? Kriegen wir jetzt zu wenig Kinder oder nicht? Ist es nicht überholt und naiv, unser Land nur für sich zu betrachten? Ist es nicht noch mehr überholt und 30ger Jahre mäßig von der Sicherung deutscher Generationen zu sprechen? Denn egal ob es zu wenig deutsche Kinder gibt oder nicht, andere gibt es ja wohl genug. Ich wage die Frage zu stellen: Liegt der Schlüssel zum Rentenproblem nicht auch in der Zuwanderungspolitik? Oder einem Umlage finanzierten Rentensystem – oder beidem? Warum ist es immer noch so schwer ein Asylrecht zu regeln, bei dem die Menschen, die hier Zuflucht suchen, schnell und einfach arbeiten dürfen, Steuern zahlen – und vielleicht dann auch die Sozial- und Rentenkassen mit finanzieren könnten? Es gibt auf der Welt halt nur begrenzt Platz, Arbeit und Essen – zwangsläufig müssen doch irgendwie die Menschen dahin gehen wo es genug davon gibt. Und dann sollte es sich vielleicht auch mal für den einzelnen lohnen in das Rentensystem einzuzahlen, egal wieviele Kinder noch geboren werden?
Da wäre zum anderen die Menschheit an sich
Ich bin gerne ein gut gelaunter Mensch, der konsumierend und meist unbeschwert durch die Lande zieht, im Urlaub durch die Welt tingelt und sich einen Cocktail in der Sonne genehmigt. Ich genieße mein Leben habe eine glückliche Beziehung, ein geregeltes Einkommen und einen tollen Freundeskreis und das Leben ist schön. Zeit also, sich munter zu vermehren. Momentmal – ist wirklich alles so schön? Wenn Menschen andere abschlachten. Wenn Menschen aufgrund politischer Entscheidungen anderer Menschen plötzlich in Kriegsgebieten leben müssen. Wenn die Menschheit nur mit grausamer Massentierhaltung satt werden kann. Wenn Menschen wie Sklaven in unsicheren Fabriken zu einem Hungerlohn die Klamotten anderer nähen müssen um überhaupt überleben zu können. Ich frage mich wirklich: Ist die Welt nicht besser dran, wenn die Menschheit sich einfach mal nicht permanent vermehrt? Wenn die Geburtenraten mal nicht steigen würden und einfach mal stagnieren oder sogar sinken? Wenn es immer weniger von uns gäbe – wäre das wirklich so schlimm? Oder wäre die Folge daraus durchaus positiv mit mehr Platz, mehr Ressourcen, einer saubereren Umwelt und weniger Krieg, Gewalt und Konflikte um eben jene Ressourcen?
Kinderkriegen ist höchst privat
Ich weiß es nicht. Ich muss zugeben, ich werfe diese Fragen auf, ohne wirklich die Antwort dazu zu kennen – aber kennt sie überhaupt jemand? Ich weiß aber eines: Kinderkriegen ist eine höchst private Angelegenheit. Und ja, ich glaube auch eine egoistische. Und wenn ich Artikel über Familienpolitik und Anreize und Förderungen des Staates zum Kinderkriegen (damit die Rentenkassen in Zukunft doch nicht so leer bleiben) und die Kommentare darunter lese, dass je nach politischer Gesinnung sowas wie Elternzeit, Ehegattensplitting, Betreuungsgeld und Co die richtigen (oder eben auch falschen) Anreize seien, dann kann ich da nur bedingt zustimmen. Denn natürlich finde ich wichtig, dass eine Gesellschaft sich für ihre Familien und jungen Mitbürger einsetzt. Aber trotzdem glaube ich, bei den meisten Menschen im gebärfähigen Alter unserer Gesellschaft ist dann doch die innere Hormonschublade und der Drang zum Fortpflanzen entscheident für einen Kinderwunsch. Abgesehen davon ist der dafür nötige Partner, der zunächst einmal gefunden werden muss ja auch nicht ganz unwichtig. Entscheidend ist doch wohl eher die Idee vom eigenen bzw. gemeinsamen Lebensentwurf. Wer davon träumt, mit einem Haus voll Kinderlachen und der Liebe eines kleinen Wesens einen großen Teil vom privaten Glück zu bekommen. Oder die Menschen, bei denen „es einfach dazu gehört“ und die auch dazugehören wollen. Oder die Menschen, die mit einem Baby die Beziehung zu ihrem Partner auf die nächste Stufe bringen möchten. Oder die Romantiker, die einfach mal schauen ob’s passiert und nicht verhüten. Aber von all denen denkt doch keiner an die Rentenkassen. Oder die Bevölkerungsexplosion oder ob die Menschheit sich ein paar Länder weiter abschlachtet und ob es in 100 Jahren noch sauberes Trinkwasser gibt. Natürlich macht man sich Gedanken darüber. In einem anderen Kontext (außer mir haha ;-). Aber ich bin der Meinung deswegen entscheidet sich keiner in Deutschland für oder gegen ein Kind. Und das ist auch gut so! Und deswegen soll meiner Meinung auch keiner über jemanden urteilen, der sich für oder gegen Kinder entscheidet. Denn für beide Entscheidungen gibt es gute rationale Gründe – die aber wie gesagt diese viel gewichtigere emotionale Entscheidung ja doch nicht wirklich beeinflussen. Drum lasst die Familien mit ihrer geliebten Kinderschar, die mal unsere Rente zahlen, zufrieden sein –und genauso die, die sich für ein unabhängigeres Leben ohne Nachwuchs entscheiden und den Kindern der anderen etwas saubere Luft und Trinkwasser übrig lassen.
So das war ein teils sehr privater und sehr klugscheisserischer Blogpost, der leider keines der oben angesprochenen Probleme löst, aber mich zumindest etwas ruhiger werden lässt, wenn ich Headlines wie diese lesen muss: „Wer kinderlos bleibt, hat Recht auf Rente verwirkt“. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und warte mal ab, ob meine Hormone mal mit mir sprechen oder weiterhin mit der biologischen Uhr ein Schweigegelübde aushandeln. Einen interessanten – wenn auch langatmigen Artikel zum Thema Weltbevölkerung habe ich hier gefunden – mit der These, dass sinkende Geburtenraten und Wohlstand sich gegenseitig befruchten – und einer Vision der Erde mit weniger Menschen drauf.
Ich denke auch, dass es eine total private Sache ist, ob man Kinder bekommt oder nicht. Ich finde es total okay, wenn Leute wirklich keine Kinder wollen (obwohl ich manchmal schon den Kopf schütteln muss, wenn mir totale Muttis sagen, dass sie sich lieber auf ihre (nicht wirklich vorhandene) Karriere konzentrieren wollen). Und man kann ja auch nicht behaupten, dass Deutschland genügend Platz hätte. Genau genommen sind wir schon ziemlich dicht bevölkert. Wünschenswert wäre natürlich, wenn der Alltagsrassismus mal abnehmen würde, sodass wir ausländische Arbeitskräfte und Steuerzahler besser akzeptieren können (aber, ach ja, stimmt, das sind ja alles „Sozialschmarotzer“ :p).
Aber das mit den Hormonen ist bei vielen Frauen heutzutage ja so eine Sache … Ich bin mir ziemlich sicher, dass Frauen, die die Pille nehmen, die passenden Hormone nicht produzieren und dann doch eher sagen „ach, ja, schon, vielleicht, irgendwann … später …“. ;)
In der Tat: kein Mensch kriegt Kinder, weil er sich der Solidargemeinschaft verpflichtet fühlt, sondern aus reinem Egoismus. Ich weiß es, ich habe zwei. :-) Aber leider hat Bismarck bei der Erfindung seines Rentensystems nicht an die Möglichkeit gedacht, dass die Deutschen im Schnitt weniger als 2 Kinder kriegen, aber im Schnitt 20 Jahre Rente beziehen wollen… also was tun? Auch wenn wir „Frauen im gebärfähigen Alter“ alle 3-4 Kinder kriegen, lösen wir das Problem nicht (wir sind einfach auch schon zu wenig…). Zuwanderung könnte helfen, aber dann müssten so viele kommen, dass es enormen Widerstand gäbe. Die Erhöhung des Rentenalters wurde ja auch schon wieder rückgängig gemacht. Eine Möglichkeit wäre noch, den Generationenvertrag komplett zu kündigen und jeden selbst für seine Altersvorsorge verantwortlich zu machen. Aber wollen wir das? Können wir das überhaupt? Alles was Staat ausmacht (kostenlose Bildung, Sicherheit, Gesundheit…), ist auf Beitragszahler angewiesen, daher werden wir diese leidige Diskussion ums Kinderkriegen vermutlich nie los. Mir tun dabei vor allem die leid, die gerne welche hätten und bei denen es aber – aus welchem Grund auch immer – nicht klappt.
Vielen Dank für deinen Kommentar ;-) Ich glaube, dass es langfristig wirklich nur den einen Weg gibt irgendwie Schrittweise in ein selbst finanziertes System zu kommen – also mit Beiträgen, die man nicht nur in der betrieblichen und privaten sondern auch über die staatliche Vorsorge für sich selbst zurück legt. Aber wenn es so einfach wäre, den Generationenvertrag zu kündigen und keiner im Regen steht, hätten wir die leidige Diskussion in der Tat auch nicht. Darüber hinaus hat die Europa-Politik der letzten Jahre auch die Zinsen abgeschafft, in so einem Umfeld klappt das mit dem zurücklegen und Zinseszins in der privaten ja auch nicht wirklich. Was mich hier und bei vielen anderen Problemen aber auch immer so beschäftigt ist, dass alles global immer anders aussieht und einzelne Staaten dies nicht mit ihrer Politik beeinflussen können. Deswegen glaube ich , dass eine kleinere Weltbevölkerung mit mehr Wohlstand so wie in dem Zeit Artikel beschrieben eine gute Lösung wäre. Also wenn der Wohlstand in den armen Ländern deren System, dass Kinderreichtum die einzige Altervosroge sind ablöst – aber dann wären wir wieder beim Thema Rentenversicherung…heiiheiehei ,-)
Ich glaube an deiner Hormontheorie ist was dran ;-) und nicht nur wegen diesem Thema sondern einfach weil ich mir für jetzt und die zukünftigen Generationen mehr Menschlichkeit wünsche, wäre es toll wenn der Alltagsrassismus abnimmt. lg!
Die moderne (und phantastische) Möglichkeit, zu entscheiden, keine Kinder zu bekommen und trotzdem ein fröhliches Liebesleben zu pflegen darf nicht zu dem Rückschluss führen, dass wir alle planmäßig und wohlsortiert zum individuell richtigen Moment entscheiden können, Kinder zu kriegen. Auf Kommando Kinderkriegen ist nämlich außerhalb unserer Möglichkeiten.
Seit 2005 werden Renten anders besteuert. Dafür dürfen wir alle steuerlich begünstigt unsere eigene Vorsorge planen. Das fällt jetzt noch keinem auf, da der besteuerte Anteil noch gering ist, aber er wird jedes Jahr mehr und irgendwann hat uns das System alle.
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/2_Rente_Reha/01_Rente/04_in_der_rente/01_rentenbesteuerung/00_01_rentenbesteuerung_wie_besteuert_wird_node.html
Der Generationenvertrag ist nicht mehr der, der er mal war. Wurscht, was dein Hormonspiegel sagt.